
Wir sind Ägypter - und das ist keine Entschuldigung
- mai haikal

- 21. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Ein Blogeintrag über Stolz, Missverständnisse und die Kunst, sich selbst nicht zu verstecken.
Es beginnt oft ganz harmlos.
Ein Satz, ein Lächeln, ein Moment der Selbstverortung: „Ich bin Ägypterin.“
Und plötzlich liegt Spannung in der Luft – als hätte man ein antikes Siegel gebrochen.
Manche nicken, manche schweigen, manche runzeln die Stirn.
Denn dieser Satz trägt Gewicht.
Nicht, weil er laut ist – sondern weil er tief ist.
Er trägt Jahrtausende in sich, Sand und Sternbilder, Tempel und Tinte.
Und manchmal, so scheint es, ist das zu viel für die Gegenwart.
Aber wir sagen ihn trotzdem - aus Wahrheit.
Du sagst „Ich bin Ägypterin“ – ganz schlicht, ganz wahrhaftig.
„Na, na, nicht so stolz bitte!“, raunt es aus manchen Ecken.
„Was willst du uns damit sagen? Dass du besser bist?“
Ähm… nein. Wir sagen nur, was wir sind. Und das ist schon genug.
Denn wir kommen aus einem Land, das Geschichte nicht nur kennt – sondern sie erfunden hat.
Wir sind die Kinder einer Zivilisation, die sich nicht in Fußnoten versteckt, sondern in Granit, Gold und Grammatik verewigt wurde.
Wir haben Tempel, die älter sind als manche Familienfehden.
Und ja – wir sind stolz darauf.
Nicht, weil wir anderen etwas wegnehmen wollen.
Sondern weil wir wissen, was wir haben.
Aber irgendwie scheint das manchen zu stören.
Als wäre Stolz eine Waffe.
Als müsste man sich für seine Herkunft entschuldigen,
oder sie wenigstens relativieren:
„Ich bin Ägypterin, aber keine Sorge – ich bin ganz bescheiden.“
Warum eigentlich?
Wir sagen nicht: „Du bist weniger.“
Wir sagen: „Wir sind viele – und wir sind alt.“
Wir sagen: „Unsere Geschichte ist kein Mythos, sondern ein Steinbruch voller Beweise.“
Und wenn das jemandem zu viel ist, dann liegt das Problem vielleicht nicht bei uns…
sondern bei denen, die ihre eigene Geschichte noch suchen.
Natürlich gibt es auch die anderen – die Ahnenjäger.
Die, die uns erklären wollen, woher wir wirklich kommen.
„Ihr seid doch eigentlich…“
„Eure Wurzeln liegen doch in…“
„Ihr gehört doch zu…“
Danke für die Ahnenforschung, aber wir haben unsere Wurzeln schon gefunden.
Sie stehen in Luxor, liegen in Abydos, und leuchten in Saqqara.
Wir müssen niemandem gehören, um zu existieren.
Und jetzt mal ehrlich:
Wenn jemand sagt „Ich bin Italiener“, applaudieren wir für Pasta und Oper.
Wenn jemand sagt „Ich bin Japaner“, verneigen wir uns vor Zen und Technik.
Aber wenn wir sagen „Ich bin Ägypter“, dann wird plötzlich diskutiert, ob das nicht zu viel des Guten sei.
Vielleicht liegt es daran, dass unsere Geschichte so groß ist,
dass sie Schatten wirft.
Aber das ist kein Grund, sich kleiner zu machen.
Also, liebe Welt:
Wir sind Ägypter.
Nicht aus Trotz.
Nicht aus Eitelkeit.
Sondern aus Wahrheit.
Und wenn du das nicht feiern kannst, dann feiere wenigstens deine eigene Geschichte.
Denn jede Nation hat etwas zu erzählen.
Und wenn du nichts findest –
dann fang heute an, etwas zu schaffen, worauf deine Enkel stolz sein können.
Wir jedenfalls bleiben, was wir sind.
Mit einem Lächeln, einem Spritzer Humor, und einem Herzen voller Hieroglyphen.
Denn unsere Identität ist kein Kostüm, das wir ablegen,
kein Slogan, den wir anpassen,
kein Stolz, den wir dosieren müssen.
Sie ist ein Echo aus Stein,
ein Flüstern aus Sand,
ein Lied, das der Nil seit Jahrtausenden singt.
Und wenn du uns fragst, wer wir sind, werden wir nicht flüstern.
Wir werden lächeln und sagen:
„Wir sind Ägypter – und das ist keine Entschuldigung.“






Kommentare