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„Ich, die Mango – in meiner goldenen Haut wohnt der Sommer! “

Aktualisiert: 21. Aug.


Ich bin eine Mango. Nicht irgendeine – ich bin eine ägyptische Mango, geboren unter der Sonne von Ismailia, wo der Wind des Suezkanals Geschichten flüstert und die Erde süß duftet. Ich bin kein Obst. Ich bin ein Versprechen. Eine Erinnerung an die Sonne, gehüllt in Gold und süß wie ein gestohlener Kuss. Ich bin Awees-Mango, um genau zu sein. Sahnig, goldgelb, mit einem Duft, der selbst Pharaonen aus dem Jenseits lockt. Und du weißt, was das bedeutet? Ich habe ein Image zu wahren.



Jedes Jahr im August lädt Ismailia zum Fest meines Wesens – und ich tanze, tropfend und strahlend, durch die Straßen. Die Stadt verwandelt sich in ein Mango-Märchen und die Straßen duften nach mir – nach Awees, Zebdya, Sukkari, Tommy Atkins, Baladi und über 100 weiteren Sorten, die sich stolz auf den Ständen räkeln.

„Awees ist die Beyoncé unter den Mangos“, ruft ein Verkäufer mit Turban und breitem Grinsen. „Zebdya ist mehr so … Adele.“ Sein Freund kontert: „Und Tommy Atkins? Na, die schmeckt wie PowerPoint – effizient, aber ohne Gefühl.“


Jede Sorte ein Duftgedicht, jede Frucht ein Ritual. Ich bin überall: in Körben, auf Tellern, in Smoothies, Kuchen, Parfums und sogar in Gedichten. Musiker stimmen sich auf meine Farbe ein und spielen zu meinem Ehren, Tänzer wirbeln wie Mangoblätter im Wind. Poeten trinken mich in Versen, und in jeder Hand, die mich hält, spüre ich Dankbarkeit. Kinder jagen mich in Mango-Paraden, Erwachsene streiten sich liebevoll, ob ich als Sorbet oder gegrillt besser schmecke. Auf dem Markt glühen meine Schalen wie Phönixe im Sonnenlicht, während Kinder meine Namen flüstern wie Zaubersprüche. Ich bin der Star – und das ganz ohne Krone, nur mit meiner goldenen Haut. Ich bin Mango – und in Ismailia bin ich Legende.



„Mamaaaa, schau mal! Diese Mango riecht wie ein Parfüm!“ – ein kleiner Junge zieht seine Mutter vom Smoothiestand weg und hält mich ehrfürchtig in der Hand. Ich posiere. Natürlich. Meine Schale glitzert wie Sonnenöl auf nubischer Haut. Ich bin bereit.


Baby isst Mangostück


Seit meinem offiziellen Festival-Debüt 2022 eskaliert die Liebe: Es gibt Wettbewerbe, wer mich am schönsten schält, wer mich am sinnlichsten beschreibt, wer mich am schnellsten verspeist. Zwischen Bühnenprogramm und Marktrufen gebe ich auch Masterclasses: Reife prüfst du nicht mit Mathe, sondern mit Sinnlichkeit. Drück mich sanft – meine Haut gibt leicht nach. Atme ein – mein Duft sagt dir, ob ich bereit für die ewige Vereinigung mit deiner Zunge bin. Wenn du „Mmmh“ sagst, hat die Wissenschaft recht gehabt.


Ismailia Mango Festival 2023: Roadshow, Bazar, Markt

Besucher:innen kommen aus Kairo, Alexandria und von noch weiter weg, weil Gerüchteküchen eben effizienter sind als Pressestellen. Sie strecken ihre Nasen über mich: „Hmmm … tropisch, floral, mit einem Hauch von Wüstengedicht.“ Mein Cousin Baladi gibt sich rustikaler – riecht nach Sommerregen und Teestube.

Ein Tourist aus Spanien fragt: „Wie viele Sorten gibt es hier eigentlich?“ „Über 30!“ ruft jemand vom Stand nebenan. „Wir haben Awees, Zebdya, Sukkari, Langra … sogar die introvertierte Keitt!“ „Keitt? Klingt wie eine Mangosorte mit Buchclub.“ „Genau. Sie reift langsam und hat Tiefgang.“ „Wollen Sie kosten?“, fragt ein Händler. „Ich habe schon drei gegessen!“ „Dann probieren Sie jetzt die spirituelle!“ „Was?“ „Die, die schmeckt, als würde man den Sonnenuntergang schlürfen.“ Ich habe sogar einmal einen Botschafter durch die Plantage geführt gesehen– er sagte, Awees-Mango sei „ein kulinarischer Diplomat“.




Ich stamme aus einer stolzen Linie: Seit 1825 wachse ich in Ägypten, und Ismailia ist mein Lieblingsort. Über 36 % der Mango-Anbaufläche des Landes liegen hier – das sind rund 120 000 Feddans, also über 50 000 Hektar voller Mango-Magie. Jährlich werden hier über 720 000 Tonnen von uns geerntet. Manchmal verliere ich 10–20 % an Ungeduld, wenn jemand zu früh zugreift – aber was ist schon ein bisschen Ertrag gegen das Leuchten in Gesichtern, die zum ersten Mal schmecken, wie August klingt? Und ja, wir sind Export-Stars und exportieren in über 50 Länder: 143 Millionen Dollar Umsatz allein im letzten Jahr. Aber am liebsten bleibe ich hier, wo die Menschen mich feiern, als wäre ich ein Gedicht zum Essen.



Dieses Fest ist nicht nur ein kulinarisches Spektakel. Es ist ein Ritual der Gemeinschaft, ein Duftgedicht, ein sinnliches Bekenntnis zur Erde. Bauern, Händler, Künstler, Touristen – sie alle kommen zusammen, um mich zu ehren. Und ich? Ich lächle in jeder Schale, in jedem Lächeln, in jedem „Mmmh“.





Ich bin Mango. Ich bin Geschmack, Geruch, Mythos. Und in Ismailia bin ich mehr als Frucht – ich bin Sommer auf der Zunge. Sag selbst: Wer braucht noch Champagner, wenn er mich haben kann?

1 Kommentar

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Gast
17. Aug.
Mit 5 von 5 Sternen bewertet.

Sehr poetisch 💜💐👍

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